CESNI-Sitzung vom 12. April 2022

12/04/2022

Der Europäische Ausschuss zur Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt (CESNI) trat am 12. April 2022 zu einer Sitzung zusammen, um sich über die laufenden Arbeiten und anstehenden Herausforderungen auszutauschen. Den Vorsitz der Hybrid-Sitzung führte Frau Marleen Coenen, Vertreterin Belgiens. Zu den wichtigsten Ergebnissen der Sitzung zählten die Annahme von Standards und eines Musters im Bereich der Berufsbefähigungen sowie die Erörterung der Entwürfe des ES-TRIN 2023/1 und des ES-RIS 2023/1. Die Aktualisierung der CESNI-Standards trägt dazu bei, die Modernisierung und Ökologisierung der Flotte sowie soziale und technologische Entwicklungen zu begleiten und gleichzeitig das hohe Sicherheitsniveau in der Binnenschifffahrt aufrechtzuerhalten. Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf die Binnenschifffahrt wurden auf der Sitzung ebenfalls diskutiert. Insbesondere wurden die Unterstützung ukrainischer Besatzungsmitglieder und der Umgang mit abgelaufenen ukrainischen Befähigungszeugnissen angesprochen.
 

Quelle: CESNI

 
Annahme von Standards und eines Musters im Bereich der Berufsbefähigungen
 
Die Sitzung bot dem CESNI u. a. die Gelegenheit zur Annahme von Standards und eines Musters im Bereich der Berufsbefähigungen. So verabschiedete der CESNI die Standards für die praktische Prüfung zur Erlangung eines Befähigungszeugnisses auf Betriebsebene. Die Standards enthalten eine ausführliche Beschreibung der besonderen Befähigungen und Beurteilungssituationen der praktischen Prüfung im Rahmen der praktischen Prüfung für Matrosen, Bootsmänner und Steuermänner. Die Prüfung kann auf einer geeigneten Anlage an Land oder auf einem Fahrzeug durchgeführt werden. Die Prüfungskommissionen können die auf der Sitzung am 12. April angenommenen Standards ab sofort anwenden.
 
Der CESNI verabschiedete auch das Muster für den Tauglichkeitsnachweis in der Binnenschifffahrt. Das Muster stützt sich auf Teil IV des ES-QIN 2019 (Standards für medizinische Tauglichkeit) und ist insbesondere an das gegenwärtige Muster „Ärztliches Zeugnis über die Untersuchung der Tauglichkeit in der Rheinschifffahrt“ der Rheinschiffspersonalverordnung (RheinSchPersV) der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) angelehnt. Das Formular wurde so entwickelt, dass es sowohl für das ärztliche Personal als auch für die Patentbehörden klar und zweifelsfrei lesbar ist. Anerkannte Ärzte können das verabschiedete Muster ab sofort verwenden.
 
Prüfung von Standardentwürfen betreffend technische Vorschriften für Binnenschiffe und Binnenschifffahrtsinformationsdienste
 
Der Ausschuss prüfte den Entwurf des Europäischen Standards der technischen Vorschriften für Binnenschiffe, ES-TRIN 2023/1. Diese neue Ausgabe des Standards, die die Ausgabe 2021 ersetzen soll, sieht die Einführung wichtiger Änderungen vor, die folgende Bereiche betreffen:

  • Brennstoffe mit niedrigem Flammpunkt und Brennstoffzellen,
  • Rettungswesten,
  • Nachbehandlungssysteme,
  • Abwassersammlung,
  • fest installierte Feuerlöschanlagen für den Objektschutz,
  • Fahrgastschiffe,
  • Sportfahrzeuge,
  • elektrische Antriebsmotoren hinter dem Achterpiekschott,
  • Reparaturen an in Betrieb befindlichen Motoren,
  • einziehbare Steuerhäuser,
  • Navigationsradaranlagen und Wendeanzeiger,
  • Aktualisierung der Verweise auf den ES-RIS 2023/1,
  • Spezialanker mit verminderter Ankermasse sowie
  • redaktionelle Korrekturen.

 
Des Weiteren wurde auch die zweite Ausgabe des Europäischen Standards für Binnenschifffahrtsinformationsdienste, ES-RIS 2023/1, vom Ausschuss geprüft. Die wichtigsten Änderungen betreffen:

  • die Aufnahme eines neuen Teils zur Bündelung und Klarstellung der Betriebs- und Leistungsanforderungen für elektronische Kartendarstellungs- und Informationssysteme (Inland ECDIS);
  • die Ergänzung zweier neuer Nachrichtentypen, die von Inland AIS-Geräten übertragen werden. AtoN-Meldungen (Aids to Navigation) werden zur Anzeige der Position physischer oder virtueller Objekte wie Bojen, Arbeits- oder Gefahrenzonen in Echtzeit auf dem Bildschirm des Inland ECDIS verwendet. ASM-Nachrichten sind ein Feature zur dynamischen Anzeige zusätzlicher Informationen auf dem Inland ECDIS (z. B. Wasserstände oder Status von Schleusenampeln). ASM-Nachrichten ermöglichen Schiffen auch die Übermittlung von Informationen an Land, wie z. B. die geschätzte Ankunftszeit (ETA – Estimated Time of Arrival);
  • die Einführung des XML-Formats (Extensible Markup Language) für die meisten Nachrichten im Rahmen des Elektronischen Meldens in der Binnenschifffahrt (ERI);
  • die Einführung einer neuen Nachricht „ERIVOY“ zur Erleichterung der Meldung und Planung von Reisen;
  • die Update-Verwaltung von NtS-Nachrichten (Nachrichten für die Binnenschifffahrt) sowie
  • redaktionelle Verbesserungen und Korrekturen.

 
Die Annahme der neuen Ausgaben der beiden Standards, ES-TRIN 2023/1 und ES-RIS 2023/1, ist für die nächste CESNI-Sitzung im Oktober 2022 geplant.
 
Workshop zur Einführung elektronischer Dokumente in der Binnenschifffahrt
 
Der CESNI genehmigte auch die Organisation eines Workshops. zur Einführung elektronischer Dokumente in der Binnenschifffahrt. Dieser bereichsübergreifende Workshop befasst sich gleichermaßen mit den Themenfeldern Informationstechnologie, technische Vorschriften für Binnenschiffe und Berufsbefähigungen.
 
Im Rahmen des Workshops sind Präsentationen zu verschiedenen Ansätzen geplant, darunter auch Projekte aus anderen Verkehrsbereichen. Zudem ist auch Zeit für einen Austausch zwischen verschiedenen Akteuren aus dem öffentlichen und privaten Sektor vorgesehen, die an der Digitalisierung beteiligt sind. Die Hauptziele bestehen darin, die gewonnenen Erkenntnisse aus bestehenden Projekten zu sammeln und die Dokumente und Prozesse zu identifizieren, die sich für eine Digitalisierung besonders eignen. Der Workshop ist für den 8. September in Straßburg geplant.
 
Weitere Arbeiten des CESNI
 
Den Teilnehmern der Sitzung wurde der Zeitplan für die Arbeit an den technischen Vorschriften für Binnenschiffe vorgestellt, die die Verwendung alternativer Brennstoffe ermöglichen sollen.
 
Das Sekretariat führt im Auftrag des CESNI auch eine Liste der für den Einbau an Bord von Binnenschiffen zugelassenen Motoren (listes.cesni.eu). Mehrere Hersteller haben neue Stufe-V-Motoren auf den Markt gebracht, darunter drei Motoren mit einer Leistung von über 1000 kW. Insgesamt wurden rund 80 Modelle in den verschiedenen Leistungsgruppen zugelassen. Zur Information sei angemerkt, dass die Aufnahme oder Änderung eines Herstellers oder Motortyps nur von den zuständigen Behörden beantragt werden kann.
 
Das von CESNI und EUROMOT erstellte Dokument mit häufig gestellten Fragen (FAQ) wurde im November 2021 aktualisiert. Es soll den Akteuren des Binnenschifffahrtssektors helfen, die für Motoren geltenden Anforderungen im Hinblick auf die neuen Vorschriften an nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte (NRMM) sowie in Bezug auf den ES-TRIN auszulegen und zu verstehen.
 
Daneben bestätigte der Ausschuss ein neues FAQ-Dokument zu bewährten Verfahren bei der Verwaltung von Besatzungsdokumenten, das viele häufig gestellte Fragen zur Verwaltung von Zeugnissen und den damit verbundenen bewährten Verfahren enthält. Ein weiteres FAQ-Dokument enthält zudem Informationen zur Auslegung der ES-QIN-Standards für Befähigungen, für die praktische Prüfung, für die Zulassung von Simulatoren und für medizinische Tauglichkeit.
 
Der CESNI hob auch die gute Zusammenarbeit mit dem Gewerbe zusammen, sei es im Bereich der technischen Vorschriften, der Berufsbefähigungen oder der Informationstechnologie. Als Beispiel sei hier die Online-Konsultation des Gewerbes genannt, die am 14. Dezember 2021 im Rahmen der Arbeiten an den künftigen europäischen Besatzungsvorschriften stattfand. Ein weiteres Beispiel für die Zusammenarbeit ist die Forschungsarbeit zu menschlichen Faktoren als Unfallursachen in der Binnenschifffahrt.
 
Sitzungsteilnehmer
 
An der Sitzung des Ausschusses nahmen teil:

  • elf Mitgliedstaaten: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Polen, die Schweiz und die Tschechische Republik;
  • die Europäische Kommission, die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR), die Donaukommission und die Moselkommission;
  • acht anerkannte Verbände: CEMT, EBA, EDINNA, ETF, GERC, IVR, ESO und EBU;
  • zwei Beobachterstaaten: die Ukraine und das Vereinigtes Königreich.

 
Nächste Sitzung
 
Die nächste Sitzung des Ausschusses ist für den 13. Oktober 2022 geplant.